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OFFENER BRIEF zur Ratssitzung vom 26. April 2023

Offener Brief 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Zimmermann,

als Mitglieder der Rats-Fraktionen CDU, Bündnis 90 / Die Grünen, SPD und als Vertreter der FDP möchten wir mit diesem offenen Brief unser Entsetzen darüber ausdrücken, dass Sie als Bürgermeister ebenso wie Vertreter:innen der PETO-Fraktion in der Sitzung des Rates am 26.04.2023 (Rats-TV Stream TOP 14 unter https://stadtrat.monheim.de/bi/sitzungen/4043#tab-RatsTV) einen bislang beispiellosen Tabubruch begangen haben. Sie haben wiederholt die Vertreter:innen der CDU-Ratsfraktion in die Nähe des Naziregimes gestellt, was die Einordnung von und den Umgang mit Kunst anbelangt.

Zur Klarstellung vorab: In unserem Brief geht es einzig und allein um die ausdrückliche Forderung, dass Sie sich als Bürgermeister wie auch die Mitglieder des Rates unter Ihrer Leitung ausnahmslos zum toleranten Umgang mit abweichenden Meinungen bekennen und vor allem im persönlichen Umgang miteinander stets den gebotenen Respekt zeigen. Es geht nicht um die inhaltliche Würdigung des Kunstwerks und des Antrags der CDU.

Zum Hintergrund: Im Antrag der CDU ging es darum, dass (1) der Rat der Stadt Monheim die Entscheidung über den Standort für das bereits beschaffte Kunstwerk von Jeppe Hein (Mirror Balloons) an sich ziehen und (2) der Rat die Aufhängung im Ratssaal ablehnen solle. Zudem war im Antrag der Vorschlag enthalten, die Verwaltung mit der Suche nach alternativen Standorten für die Installation zu beauftragen.

Der versammelte Rat musste sich als Antwort auf den Antrag der CDU-Fraktion eine regelrechte „Abrechnung“ mit den CDU-Ratsmitgliedern anhören, die weit über den inhaltlichen Kern des CDU[1]Antrages zum Kunstwerk hinausging. Bereits auf der Kopie des Antrags der CDU in den Sitzungsunterlagen stand der handschriftliche Hinweis des Bürgermeisters auf das angebliche Banausentum. Frau Starosky erhielt als erste Rednerin der PETO-Fraktion das Wort. Sie nahm in einer höchst diffamierenden Art und Weise den Antrag der CDU zum Anlass, um persönliche Beleidigungen und Bezichtigungen an die Antragsteller zu richten. Davon, dass „Grundlagen nicht verstanden“, und von einem destruktiven Antrag war die Rede, der eine „Zumutung“ sei, von fehlender Kompetenz und (Kunst)Bildung („versuchen Sie es mal mit einer Bildungsreise“), von Aufbegehren und Umdeutung, sogar vom Rütteln an den Festen der Demokratie.

Der eigentliche „Eklat“ (Rheinische Post vom 27.04.2023) aber bestand darin, dass Sie dabei unter Nutzung eines Zitates von Wolfgang Schäuble selbst vor Parallelen mit der NS-Zeit nicht zurückschreckte und den Vergleich zog mit sogenannter „entarteter Kunst“ der NS-Kulturpolitik: „Und nun mal ganz deutlich. Mit fadenscheinigen Argumenten wurde schon einmal von der Politik durch vermeintlich wohlmeinendes politisches Wirken Kunst aus öffentlichen Räumen verbannt.“ (S. Starosky ab 0:08:19)

Noch einmal: Im CDU-Antrag ging es weder um die Entfernung des Kunstwerkes aus dem öffentlichen Raum, noch darum, den Künstler oder seine Arbeit in Frage zu stellen.

Wir stellen fest, dass Sie, Herr Bürgermeister, ebenso wie die Redner:innen der PETO-Fraktion, den Antrag der CDU als Vorwand genutzt haben, um einen Oppositionsantrag nicht nur abzuweisen, sondern die Antragsteller mit konstruierten Vorwürfen jenseits der Sachebene persönlich anzugreifen, zu diffamieren und letztlich einzuschüchtern. Dies geschah nicht zum ersten Mal und ist ein Zeichen fehlender Wertschätzung und Bereitschaft zum konstruktiven Diskurs. Zum Entsetzen unserer Rats- und Fraktionsmitglieder aber haben Sie hier, ebenso wenig wie Frau Starosky, nicht einmal vor dem Vergleich mit dem Naziregime und dessen Umgang mit unerwünschter Kunst Halt gemacht. Dies ist ein Tabubruch, der nicht nur die Verbrechen des Naziregimes verharmlost, sondern eine Entgleisung, die es so im Monheimer Stadtrat noch nicht gegeben hat.

Herr Bürgermeister, wir fragen Sie, wie können Sie einen solchen Verfall der politischen Debatte im Rat der Stadt Monheim nicht nur zulassen, sondern auch noch aktiv befördern?

Es scheint so, als seien Ihnen mittlerweile alle Mittel recht, die Meinungsfreiheit im Stadtrat in Frage zu stellen. Sie erheben sich zum alleinigen Richter über richtige und falsche Meinungen, wenn Sie sich als Bürgermeister die Entscheidung anmaßen, was als berechtigt und was als unberechtigt gilt: „Meinungen kann man ja viele haben, aber Sie müssen sich ja schon die Mühe machen, diese Meinungen zu begründen. So, und wenn Ihnen dann von der Gegenseite dargestellt wird, dass diese Meinungen unbegründet sind“. […] „das kann Sie ja jetzt stören, dass Sie das sich hier so einfangen“ […] „Da gehört es auch zu einer Debatte, dass man Ihnen das sagen können muss, ohne, entschuldigen Sie den persönlichen Ausdruck, dass Sie die beleidigte Leberwurst spielen“ (D. Zimmermann, 1:07:30)

Abgesehen davon, dass der CDU-Antrag sowohl mündlich als auch schriftlich ausführlich begründet wurde: Anderer Auffassung zu sein und diese auch äußern zu dürfen ist das Wesen unserer demokratischen Ordnung und ein hohes Gut. Gegenseitige Achtung und Toleranz ist die Basis. Es ist absolut inakzeptabel, Mitglieder des Rates herabzuwürdigen und persönlich anzugreifen. Und es ist unerträglich und erschreckend, dass Sie, Herr Bürgermeister, anderen totalitäre Tendenzen und die Nähe zur NS-Ideologie unterstellen, nur weil diese nicht Ihre Meinung teilen („davon [d.h. totalitären Ansprüchen] kann insofern keine Rede sein, weil die CDU ja zum Glück nicht die Mehrheit hat,...aber der Maßstab...ist sehr ähnlich“, D. Zimmermann, ab 1:12:40)

Herr Bürgermeister, in der Sitzung am 26.04.2023 haben Sie und einzelne Mitglieder der Mehrheitsfaktion PETO die Grenzen der demokratischen Debattenkultur erheblich verletzt.

Wir fordern Sie daher dringend auf, dass Sie dafür öffentlich und auch im Namen Ihrer Parteikolleg:innen in der nächsten Sitzung den Stadtrat um Entschuldigung bitten.

Mit freundlichen Grüßen

Für die CDU-Fraktion Markus Gronauer, Fraktionsvorsitzender

Für die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen Manfred Poell, Fraktionsvorsitzender

Für die SPD-Fraktion Alexander Schumacher, Fraktionsvorsitzender

Für die FDP Stephan Wiese